Stuttgart - Eines der Opfer ist inzwischen außer Lebensgefahr - aber von den Messerstechern in einer Innenstadt-Disco fehlt noch jede Spur. Die Kripo geht etwa 30 Spuren und Hinweisen nach. In der Nachtschwärmerszene in der City brodelt es indes schon seit Wochen.
Ein 22-Jähriger aus dem Kreis Ludwigsburg liegt noch immer mit lebensgefährlichen Verletzungen auf der Intensivstation, bei einem 23-Jährigen aus dem Rems-Murr-Kreis sagen die Ärzte, dass er nunmehr außer Lebensgefahr sei. Zwei weitere 23 und 25 Jahre alte Opfer konnten inzwischen im Krankenhaus von der Polizei befragt werden - zu den Tätern, zum Ablauf.
Am Sonntag gegen 7.30 Uhr war die sogenannte "Afterhour" in der Disco City Department am Hirschbuckel eskaliert. Nach Streitereien und einem Gerangel zückt ein etwa 20 bis 25 Jahre alter Haupttäter ein Klappmesser und sticht vier Gäste, Widersacher und Schlichter, nieder. Zwei Männer flüchten, ein schwarzes Klappmesser bleibt am Tatort Disco zurück. Vom Haupttäter gibt es ein Phantombild, es zeigt das Konterfei eines Südländers. Dunkle Augen, hochgegelte Haare, 1,70 bis 1,78 Meter groß, schlank, lila Hemd, akzentfreies Deutsch.
Eine Beschreibung, wie sie auf Hunderte zutrifft, räumt ein Zeuge der Bluttat ein. Der ist aber nicht nur über die Täter entsetzt. Sondern auch über die Sicherheitskräfte der Disco. "Die haben den erkennbar stark blutenden Mann nach draußen getragen und am Brunnen abgesetzt, sind anschließend weggegangen, ohne Erste Hilfe."
Für Thomas Lehrer, seit 1986 Betreiber der Disco in der Königstraße am Hirschbuckel, ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich Ereignisse empfunden werden. In Wirklichkeit habe sein Personal Rettungssanitäter, die wegen des Stuttgart-Laufs in der Nähe waren, angesprochen und nach Absprache den Verletzten nach draußen gebracht. "Andere Besucher haben den Sicherheitsleuten ein dickes Lob ausgesprochen", so Lehrer. Er wehrt sich auch gegen pauschale Kritik an seinem Türsteherpersonal, nachdem unbemerkt ein Messer in die Räumlichkeiten gelangt war. Der Vorfall wird jedenfalls die Gaststättenbehörde des Ordnungsamts beschäftigen. Dabei soll die Frage geklärt werden, ob es Versäumnisse oder Verstöße gegeben hat. "Wir prüfen, ob Maßnahmen gegen den Besitzer notwendig sind", sagt Dienststellenleiter Stefan Braun.
Die Gewaltbereitschaft ist indes nicht nur ein Problem von Discobesuchern. In der Vergnügungsszene in der City häufen sich in den vergangenen Wochen wieder die Zwischenfälle. "Das Wetter wird sommerlicher, jetzt ist wieder Ausgehzeit für alle", sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Und die jüngste Tat zeige, "wie leicht manchen das Messer in der Tasche aufgeht". Dabei sei die Gewaltbereitschaft besonders in der City groß. Allein im Zuständigkeitsbereich des Reviers Innenstadt gab es im letzten Jahr 130 Fälle, bei denen Waffen und gefährliche Gegenstände eingesetzt wurden. Das Problem sind für Keilbach nicht nur alkoholisierte Jugendliche, sondern vor allem Heranwachsende.
Was zuletzt passierte - im Stenogramm. 20. Juni, Stadtgarten: Bei einem Einsatz gegen Ruhestörer werden zwei Beamte verletzt. 13. Juni, Königstraße: Ein 21-Jähriger wird von einer Gruppe Osteuropäer beraubt. 12. Juni, Königstraße: Eine zehnköpfige Gruppe raubt einem 19-jährigen den Pullover. 7. Juni, Heilbronner Straße: Ein 24-Jähriger wird von zwei Männern beraubt. 6. Juni, Hauptbahnhof: Ein 71-Jähriger wird am S-Bahn-Halt von einem 36-Jährigen überfallen. 5. Juni, Theodor-Heuss-Straße: Einer 27-Jährigen wird die Handtasche geraubt. 30. Mai, Königstraße: Ein 37-Jähriger wird vor einer Bank lebensgefährlich verletzt. 24. Mai, Fritz-Elsas-Straße: Zwei Passanten werden beraubt; Kirchstraße: Ein 21-Jähriger wird mit einer Flasche niedergeschlagen.
Quelle: Stutgarter Nachrichten
Dieser Beitrag wurde von Mipfi bearbeitet: 22. Jun. 2009 - 20:24 Uhr