Tresor Geschäftssführer Fabian Lenz im Raveline-Interview
Fabian Lenz, Geschäftsführer des Tresor, im Interview
Raveline: Es ist ungefähr drei Jahre her, dass du bei der Love Parade ausgestiegen bist. 2005 bist du mit Dimitri Hegemann zusammengekommen. Wie bist du auf die Idee gekommen, zusammen mit Dimitri den neuen tresor zu betreiben?
Fabian Lenz: Ganz einfach, es hat mir das Kraftwerk irgendwann mal gezeigt, Ende 2005 sind wir mal zusammen da durch gegangen. Ich war nicht der einzige, dem er es gezeigt hat, aber der erste der sofort gesagt hat, prima, da mach ich mit. Wir haben es dann gemeinsam noch vielen anderen gezeigt, aber letztendlich sind wir als Zweiergesellschaft ganz gut ausgekommen.
RL: Ihr seid gleichberechtigte Partner, aber vermutlich habt ihr verschiedene Zuständigkeitsbereiche. Wie ist die Aufgabenverteilung?
Fabian: Ich kenne Dimitri schon seit 20 Jahren. Wir haben beide schon viel gemacht in den Jahren. So ziemlich alles, was man in der Musik- und Veranstaltungsbranche machen kann. Aber in diesem Fall habe ich konkret die komplette Finanzierung gemacht, die Markenakquise. Und jetzt musste ich mich leider mehr als erwartet um den Bau kümmern. Ich kümmere mich auch z.B. um die Kampagne zur Eröffnung.
RL: Kam dir dabei dein Know-How, das du vor allem mit der Love Parade erworben hast zu gute?
Fabian: Auf jeden Fall. Bei der Love Parade habe ich mich ja hauptsächlich mit der Finanzierung beschäftigt. bzw. beschäftigen müssen. Das war weder damals noch heute meine Lieblingsaufgabe, aber etwas was ich ganz gut kann.
RL: Was wäre denn deine Lieblingsaufgabe?
Fabian: Naja, ich bin ja auch ein Contentmensch. Früher beim Label Low Spirit, bei Mayday etc. habe ich mich auch viel um Content wie z.B. Design gekümmert. Es gibt natürlich kreativere Aufgaben als Sponsorenakquise. Das ist eben eher undankbar, du musst ungefähr hunderttausend Firmen kontaktieren, bis du rund eine handvoll Sponsoren zusammen hast. Man muss also immer wieder mit Absagen leben, keine einfache und kein besonders schöne Aufgabe. Andererseits ist es natürlich auch toll, wenn man es dann geschafft hat, für ein großes Projekt wie jetzt Tresor die richtigen Partner zu finden.
RL: Dimitri hat bereits im September 2005 Lichtinstallationen im Kraftwerk erstellen lassen, um Vattenfall für seine Vision zu begeistern. Im Oktober gab es bereits umfangreiche, mit Architekten erarbeitete Konzepte. Du hast gerade gesagt, dass du auch jemand bist für Content: War es ärgerlich für dich, dazugestoßen zu sein, als das Konzept und die Pläne bereits im Grundgerüst standen?
Fabian: Naja, das Konzept für den Club stand nicht wirklich. Der erste Architekt hat es in neun Monaten nicht geschafft einen einreichfähigen Bauantrag zu erstellen... Ich habe dann einen anderen Architekten mitgebracht, der bestimmte Probleme gelöst hat, an denen der andere einfach nicht weitergekommen ist. Insofern konnte ich mich da durchaus noch einbringen. Und die Pläne für verschiedene Nutzungen waren letzendlich der Punkt, der mich hat sagen lassen, ich bin dabei.
RL: In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Dimitri als Initiator, Visionär, Chef, als Betreiber; ärgert dich das manchmal?
Fabian: Nö. Das ist auch ein bisschen Absicht. Ich habe jahrelang mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun gehabt, bei Mayday, bei Low Spirit und natürlich bei der Love Parade. Gerade letzteres war nicht immer schön... Ich habe keinen besonderen Drang verspürt, mich in den Medien zu produzieren. Ich habe ja auch mit dreißig aufgehört aufzulegen, weil es mir nie so wichtig wie anderen DJs war, jeden Abend vor der Masse zu stehen und mich da abfeiern zu lassen. Ich bin auf jeden Fall weniger narzistisch als andere.
RL: Warum hat alles so lange gedauert? Seit Abschluss des Mietvertrags ist zwar erst ein Jahr vergangen, aber die Ideen und Pläne sind ja schon zwei Jahre alt. Lag es daran, dass zu wenig Leute im Team waren? gab es besondere Schwierigkeiten oder Ärgernisse?
Fabian: Es gab drei Dinge, die wirklich sehr viel Zeit gekostet haben: Erstens haben die Mietvertragsverhandlungen sehr sehr lange gedauert. Uns war es wichtig, wenn man einen Laden mit einer Dauer von bis zu 25 Jahren am Bein hat, weitsichtig über die Konditionen zu verhandeln. Das war vor allem schwierig, weil es oft passierte, dass Details, die man eigentlich schon geklärt hatte, immer wieder von seiten Vattenfalls in Frage gestellt wurden. Alle Versionen, die in den Monaten vorher auf dem Tisch lagen, hätte ich auch nicht unterschrieben und jetzt haben wir einen Mietvertrag, der einfach gut ist und uns die Basis gibt, hier wirklich etwas zu schaffen, was man eben sonst nicht hinbekommen hätte. Aber das hat insgesamt ca. ein halbes Jahr gedauert. Zweitens hat uns das erste Architekturbüro wie gesagt neun Monate gekostet. Mir ist dann der Kragen geplatzt, als sich herausstellte, dass die nicht mal in der Lage waren, den Bestand richtig zu vermessen. Die dritte Sache war die Baugenehmigung, die hat auch noch mal ein halbes Jahr gedauert. Die Sachbearbeiterin hatte uns im Dezember gesagt, wir kriegen die Baugenehmigung im Januar, im Januar hieß es dann im Februar, im Februar hieß es dann im März. Bekommen haben wir sie am 30. März.
RL: Woran hat das konkret gelegen?
Fabian: Ich glaube, dass ist eine typische Berliner Arbeitsweise: Wenn eine Sachbearbeiterin beim Bauamt etwas innerhab einer Woche machen würde, würde man beim Amt schnell merken, dass man vielleicht nur die Hälfte der Mitarbeiter braucht...
RL: Vattenfall und auch öffentliche Genehmingungsinstitutionen hätten vermutlich einem reinen Technoclub nicht einfach grünes Licht gegeben... Aber da hier ein multimedialer Ort geplant ist, den es so noch nicht gibt in Berlin, hätte man ja denken können, dass auch ein öffentliches Interesse daran besteht, solch ein Projekt zu fördern. Also zu helfen, es schnell zu entwickeln, schließlich ist es ein Gewinn für die Stadt.
Fabian: Tja. Schon. Aber nun ist nun mal das Stadtplanungsamt das eine und das Bauamt das andere. Es gibt ja auch ganz viele Dinge, die sich unser Partybürgermeister wünscht, sich aber auch nicht durchsetzen kann, weil ein Bezirksbürgermeister das anders sieht. Berlin ist ja in sich auch förderalistisch organisiert, es gibt so viele Bürgermeister wie Bezirke. Die haben eben sehr starke eigene Rechte. Und genauso ist es auch mit den Ämtern: Man kann das als ein gutes Zeichen für die Demokratie wahrnehmen, aber leider ist es eben auch so, dass es eigentlich unmöglich ist, etwas von oben nach unten durchzuwinken.
RL: In euren Selbstdarstellungen gibt es Sätze wie "als internationalen Standort für zeitgenössiche elektronische und mediale Kunst neben der Nationalgalerie und dem Hamburger Bahnhof etablieren" und Formulierungen wie "heiliger Ort"; das sind alles hehre Ansprüche, aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Was wird sich in absehbarer Zeit realisieren lassen?
Fabian: Ganz klar: mit der Nationalgalerie und dem Hamburger Bahnhof können wir uns wahrscheinlich nie im Leben messen, aber ich seh’ auch nicht, dass man sich damit messen muss. Wir schaffen hier etwas, das überhaupt nicht den finanziellen Druck hat, den staatliche oder institionalisierte Kunsträume haben. Ich sehe hier eher die Chance, Dinge zu machen, die solche Räume nicht machen. Aber warum nicht mal hochgesteckte Ziele haben und dann mal gucken, was daraus wird. Wenn man jetzt nur den Plan hätte, eine Disco zu betreiben und ein paar Diaprojektionen in die Halle zu werfen und ein paar Kreuzberger Hinterhofkünstler zu bitten ein paar Grafittis zu machen, dann kommt man natürlich nicht annähernd zudem, was man sich gewünscht hat.
Das komplette Interview findet ihr auf www.raveline.de