
Über das Erwachsenwerden des Techno durch Industrial
#1
Geschrieben 19. Mär. 2004 - 00:25 Uhr

»Fuck Dance, Let's Art!« Coldcut
»All That Is Solid Melts into Air« - Der Trend zur Unübersichtlichkeit der Trends
Trendforschung ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Nicht nur der Zwang, permanent neue Trends erfinden zu müssen, macht die Sache lästig und schwierig. Vor allem wird das herkömmliche Know-how über Diffusionsprozesse von Trends in zunehmendem Maße ad absurdum geführt. In den Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaften wurde in den 70er und 80er Jahren noch behauptet, gesellschaftliche und kulturelle Trends unterlägen einer Art standardmäßigen Verbreitung. Erstens: Ausgehend von den 20-30-jährigen machten sie ihren Weg zu älteren und jüngeren Bevölkerungsgruppen hin, die nach und nach neue Wertmuster und ästhetische Vorstellungen übernehmen. Zweitens: Ausgehend von einer zeitgenössischen Avantgarde oder einer dissidenten Subkultur diffundierten ästhetische Neuerungen in den Mainstream hinein. Ein Trendforscher schrieb jüngst in zu einer Ausstellung namens »Hip«: »Die Geschichte hat eine bestimmte Logistik: sie beginnt bei Exponenten einer jugendlichen, rebellischen Generation und endet in den Feuilletons mit endlosen hermeneutischen Debatten, auf Joghurtdeckeln, als Zigarettenmarke.« Dieser Mythos vom sogenannten »trickle-down« trifft in solcher Zwangsläufigkeit heute nicht mehr zu. Erstens übernimmt die »Avantgarde« zum einen immer häufiger Motive aus der Populärkultur, wie der vielzitierte Trend des »White Trash« exemplarisch zeigt. Und zweitens können Trends ohne weiteres ihren Ausgangspunkt in Szenen sehr niedrigen Durchschnittsalters nehmen. Ein Paradebeispiel hierzu ist natürlich Techno, der erst nach und nach in Altersgruppen jenseits der 25 eingedrungen ist.
Damit sieht sich das Marketing vor neuen Herausforderungen. Diese bestehen nicht nur darin, daß die Identifikation von stilistischen Vorreitern schwieriger geworden ist - was zur jungen, aber schon wieder absterbenden Berufsgruppe der Trend-Scouts geführt hat. Will das Marketing mit jugendkulturellen Images operieren, genügt es nicht mehr, eine Normstrategie zu verfolgen. Diese Einheitsstrategie bestand einst darin, die ästhetischen Praktiken der subkulturellen Avantgarde Jahre später in popularisierter - also weichgespülter - Form dem jüngeren bzw. älteren Massenpublikum gleichermaßen darzubieten. Bei Punk und New Wave als dissidenter Subkultur hatte dies ja noch recht gut geklappt. Die Mitglieder der Subkultur stellten dabei allerdings nicht den eigentlichen Markt dar; vielmehr fungierten sie vorrangig als Vehikel des Imagetransfers.
Bei Techno ist das anders. Hier wird die Szene selbst als Zielgruppe beziehungsweise Marktsegment anvisiert. In diesem Zusammenhang kommen natürlich vor allem Fragen der Authentizität von Marke und Unternehmensauftritt zum Tragen. Wobei mit authentisch nicht so sehr das Echte und Urwüchsige gemeint sein kann, wenn eine Kultur vor allem von Sampling und Zitieren zehrt. Vielmehr wird das zentral, was Lawrence Grossberg einst als »authentische Inauthentizität« bezeichnet hat. Ein besonders gutes Beispiel für einen Mangel an authentischer Inauthentizität gab vor einiger Zeit ein Zigarettenkonzern ab, der unter dem Motto »The Pulse of America« ausgerechnet Drum & Bass-Abende veranstaltete, um eine echte Amerika-Erlebniswelt zu erzeugen. Diese Events entbehrten folglich nicht einer gewissen Komik, wie die Süddeutsche Zeitung anläßlich eines Interviews mit dem DJ Tobestar vermeldete: »Diesen Samstag tritt Tobestar im Ultraschall auf. Zusammen mit US-amerikanischen Drum & Bass-DJs, gesponsert von Marlboro. Was D&B angeht, sind die USA allerdings ein Entwicklungsland. »Marlboro wollte nur zahlen, wenn Amis auflegen«, sagt Tobestar und grinst. »Aber die werden eh fast nur britisches Zeug spielen.«
Techno-Events für Erwachsene als Marketing-Problem
Es soll an dieser Stelle jedoch nicht um Marketing für die eigentliche Szene gehen, sondern um die Frage, wie mit dem Techno-Motiv bei älteren Zielgruppen gearbeitet werden kann. Zahlreiche Firmen versuchen derzeit, über eine - oft mehr oder weniger vage - Verbindung mit dem Techno-Motiv ihren Marken Aktualität zu verschaffen. Techno firmiert in der Werbung als paradigmatisch für jugendlich und trendy - egal, ob Trend-Banken oder Trend-Socken beworben werden. Durch dieses jugendliche Image soll allerdings die Marke bzw. das Produkt nicht nur bei Jugendlichen die entsprechende Street Credibility erhalten, sondern auch ganz gezielt die Jugendlichkeitsbedürfnisse von Erwachsenen bedienen. Es muß daher geklärt werden, ob eine Szene, deren Großereignisse Jahr für Jahr mehr Menschen anziehen, nicht doch nennenswertes Identifikationspotential auch für ältere Bevölkerungsgruppen darstellen kann.
Wo könnte man beginnen, um eine Vorstellung von den Erfolgsaussichten eines solchen »derivativen« Szene-und Event-Marketings zu erhalten? Scott Lash und James Urry haben in ihrem Buch »Economies of Signs and Space« herausgearbeitet, daß die Kultur- und Medienproduktion in vieler Hinsicht den Produktionen anderer Sektoren vorauseilen. Daher lohnt eine nähere Betrachtung dieses »quartären Sektors«, um zukünftige Entwicklungen in anderen Bereichen abzuschätzen. Daher sollen im folgenden Kultur-Events untersucht werden, die Motive aus dem Techno-Bereich heranziehen.
Wenn es nicht mehr nur um Produkte und deren Bewerbung, sondern um komplette Erlebniswelten in Form von Events geht, gestaltet sich die Frage nach einem Image-Transfer besonders komplex. Bei Events für solche Zielgruppen handelt es sich nicht um die Produktion und Konstruktion von jugendkulturellen Erlebniswelten, sondern vielmehr um die Re-Produktion und Re-Konstruktion von solchen Erlebniswelten im Erwachsenenkontext. Während in Jugendszenen die Events noch weitgehend als Instrumente zur Prägung von Kontexten dienen, müssen bei Personen höheren Alters weitgehend festgefügte Kontexte vorausgesetzt werden, an die es anzudocken gilt. Hierzu zählen beispielsweise ästhetische Kategorien und Vorstellungen sowie erlerntes Rezeptionsverhalten.
Damit jugendliche Erlebniswelten von Älteren konsumierbar werden, müssen Adaptionen stattfinden und geeignete Anknüpfungspunkte zur Verfügung gestellt werden. Die betriebswirtschaftliche Innovationsforschung liefert hier Ansätze, das Phänomen analytisch zu greifen. Denn auch neue Produkte auf dem Markt bewegen sich immer in einem Spannungsfeld zwischen Negation des Herkömmlichen auf der einen Seite und einer Anknüpfung an Bekanntes auf der anderen Seite. In diesem Zusammenhang hat sich das sogenannte MAYA-Prinzip herauskristallisiert, ein Akronym für »Most Advanced, Yet Acceptable«. Will sagen, daß erfahrungsgemäß diejenigen Neuprodukte eine besonders hohe Erfolgswahrscheinlichkeit besitzen, die sich einerseits hinreichend von bekannten Waren unterscheiden, gleichzeitig aber über eine ausreichende Anschlußfähigkeit verfügen.
Die Segmente im Kulturbetrieb lassen sich folglich dadurch charakterisieren, wie sie bei der Balance aus Fremdheit und Akzeptanz den Akzent setzen. Im folgenden sollen zwei prototypische Erscheinungen analysiert werden. Diese unterscheiden sich danach, ob eine qualitätsmäßige Aufwertung oder Abwertung, ein sogenanntes »trading-up« bzw. ein »trading-down«, vonstatten geht.
Trading-Down: Auf dem Weg zur Oktoberfest- Kompatibilität
Sehen wir uns zunächst den einfacheren Fall an, welcher der ursprünglichen Logik der Diffusion am nächsten kommt. Dies ist der typische Fall der Kommerzialisierung durch Eingemeindung in den Massengeschmack. Hierfür stehen abfällige Formulierungen wie »Kinder-Techno« oder »Deppen-Techno«. Das ist der typische Fall des trading-down. Das Maximum an Massenkompatibilität dürfte erreicht worden sein, seitdem Drum & Bass mit 160 bpm Sportsendungen einleitet. Hinzu kommt, daß die Groß-Raves wegen ihrer zunehmenden Ähnlichkeit mit vertrauten Formen von populären Massenveranstaltungen ein beträchtliches Andockpotential für Personen in fortgeschrittenem Alter darstellen. Rock-Open-Air, Fasching und Oktoberfest wird in den verschiedenen Paraden und Groß-Raves immer weiter vereinnahmt, wohl am perfektesten und schönsten in der Züricher Street Parade. Gerade an diesen Beispielen läßt sich sehr schön die Wirkung des MAYA-Prinzips erkennen, wenn denn der Schwerpunkt auf breitestmögliche Akzeptanz gelegt wird.
Doch auch Erwachsenen-Szenen jenseits des Unterhaltungsmilieus werden mittlerweile von jugendkulturellen Musikproduktionen anschlußfähig bedient. Das vom Ableger eines multinationalen Konzerns veröffentlichte Drum & Bass-Album von 4 Hero wurde von der Kritik völlig zu Recht im New-Age-Kontext verortet. In diesem - überdurchschnittlich zahlungskräftigen - Segment vermutet Thomas Mießgang die geeignete Zielgruppe für »gekräuselte Cappucino-Klänge, schwüle Saxophonweisen aus den siebziger Jahren, Digi-Dudel, Streicher-Schlieren aus der Konkursmasse von Henry Mancini, Räucherstäbchen-Lyrik von Schmetterlingsträumen und Bewußtseinsgärten«. Daß eine solche Veröffentlichung ausgerechnet zu Zeiten dramatisch sinkender Verkaufszahlen der deutschen Phonoindustrie lanciert wird, welche insbesondere auf die mangelnde Ausschöpfung älterer Zielgruppen jenseits der dreißig zurückgeführt werden, untermauert Mießgangs These.
Trading-Up, Part I: When Techno Turns into Art
In seinen Erscheinungsformen und seinen Konsequenzen bemerkenswerter erweist sich jedoch das Prinzip des trading-up. Wenige Tage vor den Spektakeln von Pop-Komm, Love Parade und Street Parade berichtete der Spiegel letztes Jahr wie folgt: »Wenn DJ Georg Odijk, 28, im Kölner Klub Liquid Sky auflegt, tanzt niemand. Die Gäste der ehemaligen persischen Disko hocken auf Plüschsofas und nippen an ihren Caipirinhas. »Wer sich körperlich betätigen will, soll woanders hingehen«, sagt ex-Philosophiestudent Odijk. Sein DJ-Programm »Selten gehörte Musik« klingt wie ein Hauptseminar zum Thema Geschichte der elektronischen Musik. ... Von »spontaner Liebe zu einer schwierigen Musik«, die sie ergiffen habe, berichtet eine Kölnerin; andere schwärmen von der Entdeckung des »Techno für Erwachsene«.
Wie kaum eine andere Form populärer Musikproduktion ist Techno und seine Abarten in den Kontext der Hochkultur und der Kunstwelt eingedrungen. Oder sollte man sagen: hat sich die Kunstwelt der Techno-Kultur bemächtigt? Wichtige Ausstellungen zur Kontext-Kunst hießen »Gender versus Techno«, »When Techno Turns to Sound of Poetry« oder »Das Schweigen von Techno wird überbewertet«. Nachwuchsstars der Kunstszene wie Pipilotti Rist, Sam Taylor-Wood oder Jason Rhoades nutzen in ihren Werken die verschiedenen Formen neuer elektronischer Musik; andere Künstler veröffentlichen selbst Techno-Musik, wie etwa Sylvie Fleury, Mika Vainio oder Gerwald Rockenschaub. Die Konzeptkünstler-Gruppen M+M und Chicks on Speed bieten neuerdings hochgradig limitierte Techno-Schallplatten als Kunstwerke an. Eran Schaerf stellte wiederholt in Kunstvereinen und Museen Clubwear aus; Rineke Dijkstra zeigte in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst in Berlin Verhaltensstudien aus der Techno-Disco. Noch weiter gingen gar Fischli & Weiß, die auf der 97er Biennale in Venedig stundenlange Aufnahmen zuckender Raver-Massen mit Videos von endlosen Tunnel- und Zugfahrten sowie diversen Prozessen der Massenfertigung konfrontierten.
Zahllos sind die Kunst-Events, die sich der Techno-Form bedienen und auf diese Weise auf eine gegenseitige Befruchtung von Kunst und Popkultur spekulieren. Im 97er Kunstsommer wollte kein Großereignis auf DJing und Clubbing verzichten. Egal, ob documenta X oder Skulptur-Projekt Münster, ob Berliner Artforum oder steirischer herbst in Graz. Hinzu kommen die zahlreichen theoretischen Arbeiten und journalistischen Berichte, welche die Club-Kultur als solche in den Kunst-Kontext stellen; so etwa geschehen in Sonderheften der Zeitschriften Kunstforum International und Springer.
Interessant ist dabei die Frage, warum sich gerade Techno als so kunst-kompatibel erweist. Denn abgesehen von der Affinität zwischen der »No-New-York«-Szene und der Kunstwelt um 1980 hatte niemals eine jugendkulturelle Musikgattung soviel Resonanz im Kunstbetrieb erfahren. Das hohe Maß an Anschlußfähigkeit ist zum einen sicherlich auf starke minimalistische Strömungen in Musik und Cover-Design zurückzuführen. Martin Pesch weist in einem Beitrag für eine Kunstausstellung über Popmusik darauf hin, daß der Tanz- und Spaßimperativ in diesen Fällen in den Hintergrund tritt. Statt dessen werden Fragen des Distinktionsgewinns virulent, die auf traditionell-ästhetischen Maßstäben gründen.
Hier kommt das Konzept des subkulturellen Kapitals, das Sarah Thornton in ihrem Buch »Club Cultures« geprägt hat, ins Spiel. Damit bezeichnet sie die Faktoren, die zum persönlichen Standing innerhalb einer subkulturellen Szene beitragen. Als Bestimmungsgrößen für akkumuliertes Kapital gelten beispielsweise der Umfang einer Plattensammlung und die Anzahl der darin enthaltenen Promo-Exemplare. Ebenso zählt das Outfit dazu und der gekonnte Umgang mit dem szene-spezifischen Jargon.
Interessant ist nun das Verhältnis von kulturellem und subkulturellem Kapital beim avantgardistischen Techno. Mit der Entwicklung von Techno entstandenes subkulturelles Kapital wird nach Auffassung von Pesch »mittels einer bestimmten Auswahl an ästhetischen Merkmalen in kulturelles Kapital umgewandelt und einem Wissen über Design, Kunst und Geschichte der Popmusik angeschlossen«. Die Erfahrung zeigt jedoch, daß letzten Endes der umgekehrte Mechanismus mindestens ebenso stark wirksam wird. Im Falle Techno und Kunstbetrieb entpuppt sich das MAYA-Verhältnis nämlich als ein zweiseitiges. Nicht mehr nur Techno ist advanced und bedarf der Akzeptanz, sondern gleichzeitig gilt dies auch für die Einflüsse der Kunstwelt auf Techno. Besonders offensichtlich wird das bei den Mitgliedern der Organisationselite, die als Prominente immer auch die durchaus ernste Aufgabe der Taste Leadership wahrzunehmen haben. Devianz vom Durchschnittsgeschmack der Szene ist in vielen sozialen Zusammenhängen ungeschriebenes Gebot für ihre prominenten Mitglieder und erzeugt entsprechenden Innovationsdruck. Slavoj Zizek drückt die dahinterstehende Dialektik von Inklusion und Exklusion wie folgt aus: »Wenn Du in sein willst, mußt Du die Regeln auf eine bestimmte Weise verletzen; wenn du nur in bist, bist du out.« Im vorliegenden Fall wird also gezielt versucht, kulturelles Kapital in subkulturelles Kapital umzumünzen. Eben darin liegt offensichtlich das Geheimnis einer erfolgreichen Penetration älterer Zielgruppen. Denn die Kombination von Hochkultur und Subkultur verspricht einen Distinktionsgewinn nach beiden Seiten - was oft als Out-Hipping bezeichnet wird. Zum Techno-Mainstream hin wird erhöhte Sophistication demonstriert; zum traditionellen, langsamen Kunstbetrieb hin zehrt man vom Imagetransfer durch den Innovationsmythos der Pop-Subkultur: »Vorsprung durch Techno«. In bezug auf Alter und Distinktionsbedürfnisse sind also die Zielgruppen des trading-up und die Organisationselite der Szene einander sehr ähnlich; kein Wunder, wenn auch häufig eine Personalunion festgestellt werden kann.
Die empirische Evidenz für die These vom zweiseitigen Distinktionsgewinn in den konkurrenzkampfförmigen Verhältnissen der Kulturproduktion und -konsumtion ist geradezu erdrückend. Besonders gut illustrieren läßt sie sich anhand folgender Internet-Ankündigung einer Veranstaltung zum steirischen herbst 1997: »Im gemeinhin mit Popculture umrissenen Kulturfeld erscheint Techno-(Culture) als um einschlägige Soundarbeit geschichtetes Handlungs- und Zeichenfeld, als durch Entwicklungsgeschwindigkeit und -vielfalt radikalisierbares Möglichkeitsfeld an Kultur- und Lebenspraktiken. Darin angesiedelt rekurriert das Projekt »Endoscape Technoscope« auf den zwei sowohl de facto wahrgenommenen als auch mutwillig gedachten Oppositionen, die als die zwei modellhaft gedachten Zugänge zur kulturpraktischen Verwendung neuer (Medien-)Technologie bezeichnet werden können: Richtung vorhandenen (Menschen)Körper gedachte Techno-Culture und über den Körper hinaus arbeitende Medienkunst.« Das Wesen von Pop-Theorie äußert sich also nicht zuletzt darin, daß Out-Reflecting zu einer der bevorzugten Spielarten des Out-Hipping wird.
Trading-Up, Part II: Incredibly Strange Loops
Ein zweiter Sachverhalt spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg von Techno im Hochkultur-Bereich. Und zwar ist das die Geräuschhaftigkeit von Techno-Musik. Denn Techno und das dort praktizierte Sampling bedeuteten den vorläufigen Endpunkt einer lang andauernden Liebe zwischen der zeitgenössischen Musik und dem Geräusch. Die Karriere des Geräusches reichte von den Anfängen bei Futuristen bzw. Bruitisten über die musique concrète der 50er bis zur Industrial Music ab den späten 70er Jahren. Im Techno hat sich nunmehr das Geräusch, das in der Moderne immer ein Symbol für Avantgarde ausdrückte, endgültig als vollwertige Klangquelle emanzipiert und durchgesetzt. Indem die althergebrachte Technologie der Cut-ups und Tape-Loops durch das digitale Copy-and-Paste des Sampling konsequent weitergeführt wurde, hat Techno - ob gewollt oder ungewollt - einen alten Traum der Avantgarde verwirklicht.
Hieraus resultiert ein beträchtliches Anschlußpotential des Techno für Erwachsene, der die Generation der Spätzwanziger und Dreißiger dort abholt, wo sie in ihrer musikalischen Sozialisierung stehengeblieben war. Der für Techno interessante, weil subkultur-affine, Teil ist in der Regel indie-sozialisiert. Und so zeigt sich auch, daß gerade die am frühen Industrial, z. B. an Throbbing Gristle oder SPK, geschulte Generation mehr und mehr Terrain im Bereich elektronischer Musik zurückgewinnt.
Besonders gut nachvollziehen läßt sich dies anhand der Wiener Schule um die Plattenfirmen Mego und Sabotage, bei den finnischen Minimalisten des Pan-Sonic-Umfelds oder bei den Veröffentlichungen des kalifornischen Labels Plug Research. Sie befinden sich naturgemäß an den Rändern des Techno-Feldes. Dort ist die Anschlußfähigkeit und damit die Zugänglichkeit für fremde Kontexte immer größer als im Kern, d. h. im Techno-Mainstream. Daraus erklärt sich unmittelbar, wieso periphere Varianten für Externe eher Attraktivität ausüben und andererseits Einflüsse von außen primär über diese Kanäle zum Tragen kommen. Aus solchen Anschlußprozessen, die Dogan und Pahre »creative marginality« nennen, resultieren innovative Geräusch-Crossovers, wie der »Drill and Bass« bei DJ Krust oder die »Organitronics« von Add N To X.
Der Trend zum Erwachsenen-Techno läßt sich darüber hinaus auch quantitativ festmachen. Zum Beispiel an dem steigenden Anteil von Rezensionen im Frontpage-Nachfolger de:Bug oder auch daran, daß Hardwax, der wichtigste mitteleuropäische Techno-Vertreiber, in seinem Programm neuerdings eine eigene Rubrik (»Strange Music«) dafür eingerichtet hat.
Erste Ansätze, die dieses neue Trend-Cluster reflektieren, sind im Event-Marketing bereits festzustellen. Die für die Einführung der Mercedes A-Klasse arrangierte A-Motion Tour versuchte auf noch ungekannte Weise, das Image des innovativen Produkts gerade aus der Verbindung von Techno-Musik einerseits und der - für ein Promotion-Spektakel hinreichend domestizierten - Industrial-Ästhetik der Theater-Gruppe La Fura dels Baus zu generieren.
Im Hör-Saal: Clubs zu Akademien / Akademien zu Clubs
Egal ob man die Kategorie für den Erwachsenen-Techno »Intelligent«, »Strange Music« oder »A-Musik« nennt, der Pfad vom Club zum Hör-Saal und zurück ist, mit Umweg über Museum und Kunstverein, deutlich vorgezeichnet. Die Bereitschaft des Publikums, diese seltsame Schleife mitzumachen, existiert offensichtlich. Der Popkritiker und Schriftsteller Thomas Meinecke hat vor kurzem in einem Interview betont, daß Theorie gerade dabei sei, für seine Generation die Rolle von Belletristik einzunehmen. Mit anderen Worten, damit wird Theorie für die anvisierte Zielgruppe zur Unterhaltung. Breakbeat-Science und Theorie-Pop stellen zwei Seiten derselben Edutainment-Erscheinung dar, wie auch das Mission Statement von Add N To X nahelegt: »Add N To X bridge the gap between art and mechanical reproduction. From Marinetti's Futurist manifesto to Walter Benjamin's admonition of the dissolution of the aura, avant-hard replaces doubt and insecurity with an experience which unites the city and urban environment to the music of science.« Auch in der Kontext-Kunst ist vielfach dieser Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlicher Technoscience, postmodernen Lebenswelten und der Techno-Musik hergestellt worden. Fuller nennt das, mit bewußtem Rekurs auf die ästhetischen Strategien des Industrial, »Techno Theory for a Contaminated Culture«.
Damit muß, so läßt sich folgern, Theorie in Zukunft auch notwendiger Bestandteil von entsprechenden Erlebniswelten sein. Es steht zu erwarten, daß Event-Formen wie Theorie-Performance oder Theorie-Installation in Zukunft noch wesentlich an Verbreitung gewinnen werden und idealtypische Techno-Kultur für Erwachsene verkörpern.
Werden diese Erlebniswelten buchstäblich jugend-frei sein? Denn unmittelbar verbunden mit dieser Art von Techno-Kultur sei das »No Kids«-Phänomen, wie Marchart das Fernbleiben derjenigen nennt, die unter diesen Bedingungen »sowieso schon draußen sind«. Bereits jetzt läßt es sich überall dort beobachten, wo kunst- und theorienahe Erlebniswelten Platz greifen. Und wenn Kids denn doch auftauchen, wird ihnen der Tanzspaß postwendend vergällt. Der Minimalist Richie Hawtin spielte in Graz beim letzten steirischen herbst die überfüllte Main Area leer, während im benachbarten Ambient Room sowieso zu keiner Zeit Jungvolk gesichtet wurde. Und im Münchener Club Ultraschall erzeugte der letzte Auftritt der Mego-Crew bei den jungen Ravern ganz offensichtlich ein erhebliches Maß an Verstörung.
In ihrem klugen Buch »Club Cultures« hat Sarah Thornton zu Recht darauf hingewiesen, daß Dance Culture alle Grenzen überwinde bis auf eine, nämlich die Altersgrenze. In den Münchner Kammerspielen konnte man das kürzlich sehr schön sehen. Dort lief mit großem Erfolg Patrick Marbers Stück »Hautnah«, unterlegt mit Drum & Bass-Tracks von Fauna Flash. Gleich in der ersten Szene sagt der Protagonist Dan, als er die blutjunge Alice anbaggert: »Ich bin 35. Ich bin zu alt für einen Rave - oder wie das diese Woche heißt.«
Ich hab wirklich schon ne Menge zusammenhangslose Scheisse in meinem Leben gelesen aber das ist ein ganz neues Level.
#2
Geschrieben 19. Mär. 2004 - 16:09 Uhr




Ich meine, ich habs zwar gelesen....aber irgendwie....


Ich bin über 30 und auch schon nen paar Tage dabei, und
habe auch nicht in nächster Zeit vor, irgendeine andere Schiene zu fahren.
Zu "Bunker's Zeiten" haste auch 40-60 Jährige in Lack und Leder
dort rumhüpfen sehn, was aber damals irgendwie Keinen
weiter gestört hatte.
Ja ja, so Selbstbewusst war diese Szene mal.....

Mach das mal heute... (außer im KitKat-Club vieleicht noch

Und Kinder sollten eigendlich bewusst davon fern gehalten
werden*, weil, sind wir mal erlich, doch auch oft genug mit

tun hat.
Gibt ja Partys, da hält'stes ja ohne gar nicht aus...., oder der
Beat wirkt dann erst richtig *lol*
Ich befürworte den Einlass ab 18J., sorry.
*...was aber nun auch wieder ein Prob. ist,
wenn schon selbst "die Maggi-Werbung mit TecknoBeats" läuft.
#4
Geschrieben 28. Mär. 2004 - 14:13 Uhr

:roflmao: :roflmao: :roflmao:Joch, du hast dein Postziel erreicht: 102 views und 3 reply.
#6
Geschrieben 28. Mär. 2004 - 22:02 Uhr

Joch, du hast dein Postziel erreicht: 100 views und 1 reply.
Das war offensichtlich zu viel des guten /public/style_emoticons/default/lol.gif...
ich habs gelesen, stellenweise herzlich gelacht, irgendwas gepostet und dann hatte ich wieder "no post mode specified"
dann dachte ich leck mich doch am arsch, und jetzt ein paar tage später weiß ich nich mehr was ich schreiben wollte und nochmal lesen tu ich das nicht

There is no way to happiness. Happiness is the way.
So treasure every moment you have and remember that time waits for no one
#7
Geschrieben 29. Mär. 2004 - 12:53 Uhr

Joch, du hast dein Postziel erreicht: 100 views und 1 reply.
Das war offensichtlich zu viel des guten /public/style_emoticons/default/lol.gif...
ich habs gelesen, stellenweise herzlich gelacht, irgendwas gepostet und dann hatte ich wieder "no post mode specified"
dann dachte ich leck mich doch am arsch, und jetzt ein paar tage später weiß ich nich mehr was ich schreiben wollte und nochmal lesen tu ich das nicht /public/style_emoticons/default/p.gif...
muahah..ich hab nun solang net reingeguggt..in der hoffung das es jemand gelesen hat und uns ne kurze interpretation gibt

njet
#8
Geschrieben 29. Mär. 2004 - 13:37 Uhr

wenn man in den siebzigern geboren ist - so wie ich
.gif)
das einzige wo es zutrifft ist IDM, naja und DnB wohl auch.
www.ostcoderockerz.de
#9
Geschrieben 29. Mär. 2004 - 15:48 Uhr


Some people lose their faith because heaven shows them too little
But how many people lose their faith because heaven shows them too much...?
heaven isn't heaven anymore.
Tante Heinz den kannste in rotterdam nackt in nem container mit der aufschrift "c.om. n.e.t. klaar!" beim abdocken bewundern!
Some people come into our lives & leave footprints on our hearts.
Others come into our lives & make us wanna leave footprints on their face.
1 Besucher lesen dieses Thema
Mitglieder: 0, Gäste: 1, unsichtbare Mitglieder: 0